Von Google lernen – Frederik G. Pferdt an der Uni Duisburg-Essen

Google's Chief Innovation Evangelist Frederik G. Pferdt an der Uni Duisburg-Essen
Google’s Chief Innovation Evangelist Frederik G. Pferdt zu Gast an der Uni Duisburg-Essen. (Foto: Carmen Radeck)

Google’s Innovationschef Frederik G. Pferdt an der Uni Duisburg Essen

Wie denkt eins der innovativsten Unternehmen der Welt? Wie entstehen aus kreativen, vielleicht erst etwas verrückten Ideen, innovative Produkte und Services, die neue Technologien hervorbringen und die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft so beeinflussen, dass Millionen Menschen weltweit sie nutzen.

Einblicke in die Prinzipien, wie innovatives Denken bei Google funktioniert, gab in der vergangenen Woche kein geringerer als Google’s Chief Innovation Evangelist Dr. Frederik G. Pferdt, der als Innopreneur in Residence zu Gast war am Kompetenzzentrum für Innovation und Unternehmensgründung der Uni Duisburg-Essen.

In verschiedenen Workshops und einem öffentlichen Vortrag zeigte Pferdt zum einen, welche initialen Schritte bei Google zu innovativen Produkten führen, und zum anderen, wie man diese Schritte als Framework für eigene Projekte nutzen kann.

Dabei bildet die Basis dieser Methode gar nicht ein speziell technisches Verständnis, sondern vielmehr ein bestimmtes Mindset, das sich jeder aneignen kann.

Dass Innovation erstmal nichts mit Technologie zu tun hat, stellt Pferdt gleich zu Anfang seiner Ausführungen klar. „Innovation ist kein Ereignis“, sagt Pferdt im ersten Workshop als Innopreneur in Residence, „sondern ein emotionaler Prozess“.

Dementsprechend gestalten sich die einzelnen Schritte oder Prinzipien in diesem Prozess, die vor allem auf der Methode des Design Thinking beruhen.

Wie diese Prinzipien im einzelnen aussehen und wie man sie sich aneignen und auf eigene Projekte anwenden kann, stellte Pferdt in seinem Vortrag „Innovationspotenzial freisetzen – Zukunft gestalten“ vor.

Frederik G. Pferdt bei seinem Vortrag in Duisburg
Frederik G. Pferdt beim Vortrag „Innovationspotenzial freisetzen – Zukunft gestalten“ in Duisburg (Foto: Carmen Radeck)

1) Bereitschaft zu Inklusion und Diversität

Wenn sich Teams oder Abteilungen zusammenfinden, die an innovativen Ideen arbeiten, sieht es in der Regel so aus, dass diese Gruppen sehr homogen sind. Gerade in Startups oder Tech-Firmen ist der vorherrschende Typus meistens männlich, weiß, zwischen 30 und 40 Jahre alt.

Homogene Gruppen haben den Nachteil, dass sie in ihrer Sichtweise mitunter sehr beschränkt sind.

Auch Google war davor nicht gefeit. In seinem Vortrag bringt Pferdt das Beispiel, dass vor Jahren ein gewisser Prozentsatz der veröffentlichten Nutzervideos, die mit Android-Smartphones gefilmt wurden, auf dem Kopf standen. Grund dafür: Im Entwicklerteam gab es keine Linkshänder.

Je gemischter und unterschiedlicher ein Team also ist, desto weiter öffnet sich der Blick für verschiedenste Nutzer-Bedürfnisse.

2) Die Perspektive wechseln und die Welt aus der Sicht des Nutzers betrachten

Gemischte Teams mit unterschiedlichen Typen von Menschen haben es oft einfacher, in die Rolle des Nutzers bzw. der Zielgruppe zu schlüpfen, für die man Innovationen entwickelt.

Mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten, sie zu befragen, herauszufinden, wo ihre Bedürfnisse und Painpoints liegen, was ihnen wichtig ist, wie ihr Alltag aussieht und wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten, sind weitere wichtige Aspekte, erfolgreich Innovationen zu schaffen.

Viele scheuen diesen Part, diesen direkten Kontakt zum Nutzer. Sie überlegen sich lieber im stillen Kämmerlein, was die Zielgruppe brauchen könnte, ohne verlässliche Daten und Feedbacks zu sammeln, ob ihre Annahmen bei der Zielgruppe auch wirklich zutreffen.

Die Perspektive des Nutzers einzunehmen, ist für die Entwicklung von Innovationen oder Produkten oder Services generell, Pferdts Meinung nach, essentiell.

Um dies zu verdeutlichen, teilte Pferdt ein Beispiel aus dem eigenen Leben als Vater von zwei Söhnen. Beim Vorlesen einer Gute-Nacht-Geschichte im Kinderbett seines Sohnes fiel im auf, wie das Mobile über dem Bett aus der Perspektive seines Kindes aussieht. Statt Feuerwehr-, Polizei-, und anderen Autos, sah man vom Bett aus eigentlich nur Striche, die sich bewegten.

Nimmt man nicht die Perspektive des Nutzers ein, kann man ein Produkt leicht an diesem vorbei entwickeln.

Die Perspektive der Zielgruppe einzunehmen, bedeutet, deren Bedürfnisse ernst zu nehmen und zu kennen und dementsprechend Produkte mit echtem Mehrwert für die Nutzer zu schaffen.

3) Was wäre, wenn… – 10x denken

Wenn es bei Google darum geht, etwas zu entwickeln, um ein Problem zu lösen, zum Beispiel die Verbreitung des Internets auch in die entlegendsten Winkel der Welt, kommt das Prinzip des 10x-Denkens zum Einsatz.

Ziel ist es dabei nicht, eine Situation um 10 Prozent zu verbessern, sondern 10x besser zu machen als sie jetzt ist.

Nur so, meint Pferdt, können echte Innovationen geschaffen werden.

Ein erster Schritt hin zu solchen Innovationen ist, „Was wäre wenn…?“-Fragen zu formulieren. Zum Beispiel: „Was wäre, wenn alle Menschen auf der Welt einen Internetzugang hätten, selbst an den abgeschiedensten Regionen der Erde?“

Die Antworten auf solche Fragen erfordern meistens 10x-Lösungen. Um beim Beispiel der Verbreitung des Internets zu bleiben, hat dies bei Google zum Project Loon geführt, bei dem miteinander vernetzte Gasballons abgelegene Regionen mit Internetverbindungen versorgen.

Frederik G. Pferdt beim Workshop im Tectrum Duisburg
Von Google lernen –
Frederik G. Pferdt beim Workshop im Tectrum Duisburg (Foto: Carmen Radeck)

4) Mehr Optimismus fördert innovatives Denken

Doch gerade solche „Was wäre wenn“-Fragen werden in einer ersten Reaktion meistens als unrealistisch und nicht machbar abgewertet.

Die gängige Entgegnung auf 10x-Ideen im Brainstormingprozess, so Pferdt, beginnt mit „Ja, aber…“, gefolgt von einer Reihe von Gründen, warum diese Idee nie funktionieren wird.

Ideen schon beim Brainstorming mit einem „Ja, aber“ im Keim zu ersticken, schafft keine gute Grundlage für Innovation. Stattdessen rät Pferdt, das Wörtchen „aber“ durch „und“ zu ersetzen. Mit „Ja, und…“ bestätigt man nicht nur die Idee, sondern treibt sie zusätzlich noch voran.

Wichtig beim innovativen Prozess, so Pferdt, ist eine positive, offene, optimistische Grundhaltung.

Solch eine Grundhaltung könne sich jeder mit einer kleinen, täglichen Übung antrainieren. Was es dazu braucht, ist Papier, Stift und ein paar Minuten Zeit.

So funktioniert’s: Über 30 Tage lang jeden Morgen ein paar Minuten in Ruhe hinsetzen und drei Dinge notieren, für die man dankbar ist. Das können kleine Dinge, wie das schöne Wetter bis hin zu großen Ereignissen sein. Wichtig ist nur, sich bewusst zu machen, wofür man wirklich dankbar ist und dies auf täglicher Basis.

Der positive Effekt, den diese Übung auf das eigene Mindset hat, müsste sich, so Pferdt, schon nach 30 Tagen bemerkbar machen.

5) Routinen durchbrechen und den Forschergeist wecken

Als weiteres Prinzip zu einem innovativen Mindset nennt Frederik G. Pferdt in seinem Vortrag den Forschergeist.

Heißt konkret: mal aus den gewohnten Routinen ausbrechen, die Komfortzone verlassen und bereit sein, sich auf Neues einzulassen.

Auch das kann schon mit kleinen Veränderungen beginnen. Dazu Pferdts Beispiel aus dem eigenen Leben: Er versuche, jeden Tag einen neuen oder etwas anderen Weg zur Arbeit zu nehmen – ob mit dem Wagen, zu Fuß, eine andere Wegstrecke etc.

Fazit

Innovationen zu schaffen hängt, so die Message aus Vortrag und Workshops von Google’s Chief Innovation Evangelist Frederik G. Pferdt an der Uni Duisburg Essen, nicht so sehr daran, welche technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten man hat.

Innovation hängt vor allem mit der inneren Einstellung und dem Mindset zusammen, mit der Bereitschaft zu Inklusion und Perspektivwechsel, 10x-Denken, einer positiven Grundhaltung und der Offenheit, Neues auszuprobieren.

Geschrieben von
carmen
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Geschrieben von carmen