Social Media Konzepte: „Köln und Berlin kann doch jeder“

Von Carmen Radeck

Den ersten Auftrag – und einen richtig großen noch dazu – hatten Anja Distelrath (35) und ihr Freund René Bogdanski (36) schon in der Tasche, da existierte ihre gemeinsame Social-Media-Agentur noch gar nicht. Zwar hatten die beiden nach ihrer Arbeit bei DerWesten und dem Aufbau des Ruhr2010-Onlineportals labkultur.tv vage den Plan gefasst, in Essen eine eigene Agentur zu gründen.

Banner-Werbung an der Bürowand. (Foto: Carmen Radeck)

Doch wollte das Risiko der Selbstständigkeit erstmal nur Anja allein übernehmen. “Ich hatte schon während meines Journalistik-Studiums in Gelsenkirchen vor knapp neun Jahren den Plan, mich mit irgendwas im Bereich Online-Journalismus selbstständig zu machen”, erzählt Anja. René hingegen wollte erstmal auf Nummer sicher gehen und machte sich Ende 2010 auf die Suche nach einer festen Stelle als Community Manager.

München war keine Option

Die fand er auch, doch hätte er für die Stelle nach München gehen müssen – für den geborenen Marler keine Option. “Also habe ich im Unternehmen gefragt, ob sie sich vorstellen können, uns für das Projekt als Agentur zu buchen.” Sie konnten. Und so waren die beiden Social Media-Experten nicht nur mit ihrem ersten Auftrag beschäftigt, vier etablierte Online-Communities zu einer einzigen zusammenzuführen, sondern nebenbei auch damit, in Essen ihr Unternehmen zu gründen – mit Businessplan, Gründungszuschuss IHK-Gründerseminaren und ganz viel Networking auf Messen und Barcamps.

Kerngeschäft: Content

Über ihr Kerngeschäft mussten die beiden nicht lange nachdenken. Social Media Konzepte für Unternehmen zu entwickeln, die Online-Auftritte auf verschiedenen Kanälen von Facebook über Twitter bis zum Corporate Blog zu pflegen und mit echtem, gut recherchiertem Content zu bestücken. Also genau das, was die beiden seit Jahren für das WAZ-Nachrichtenportal DerWesten und labkultur.tv machten und als Geschäftsführer ihrer eigenen Agentur auch weiter betreiben wollen. “Manche unserer Kunden sind überrascht, wenn ich selbst als Geschäftsführerin mit Turnschuhen und Kamera auf einer Messe herumlaufe”, erzählt Anja schmunzelnd. “Aber das ist eben das, was ich machen will, und ich glaube auch, dass uns die Kunden gerade deswegen buchen.”

Bootstrapping und nachhaltiges Wachstum

Laptop, Smartphone, Kaffee - die beiden Social Media-Experten bei der Arbeit in ihrem Büro in Essen-Rüttenscheid. (Foto: Carmen Radeck)
Laptop, Smartphone, Kaffee – die beiden Social Media-Experten bei der Arbeit in ihrem Büro in Essen-Rüttenscheid. (Foto: Carmen Radeck)

Doch auch, wenn sich Anja und René am liebsten selbst um Content und die Entwicklung neuer Konzepte kümmern, wollen sie mit ihrem Unternehmen weiter wachsen. “Für die Zukunft wünsche ich mir eine Social Media Redaktion mit mehreren Mitarbeitern”, sagt Anja Distelrath. Überstürzt wird beim Wachstum aber nichts. “Von der Gründung an haben wir eher solide gewirtschaftet und setzen auf nachhaltiges Wachstum”, sagt Anja. Investiert werde nur, was auch erwirtschaftet wurde. “Heute spricht man dabei ja von Bootstrapping.” Teure Apple-Geräte werden gar nicht erst angeschafft. “Wir haben schon ähnliche Agenturen kaputt gehen sehen, die sich mit der Anschaffung von teurem Equipment übernommen haben.”

Doch auch Anja und René mussten schon eine handfeste Krise überstehen, als sie plötzlich ihren Hauptkunden verloren. “Heute betreuen wir lieber mehrere Unternehmen mit kleineren Budgets als einen Großkunden”, sagt Anja. Wenn da mal einer wegfalle, könne der Verlust besser aufgefangen werden. Bisher ergaben sich für die beiden allein durch Weiterempfehlung immer neue Aufträge. “Direkte Akquise mussten wir noch nicht betreiben”, sagt Anja, “bis jetzt hat das Telefon immer von allein geklingelt.” Ihre Kunden kommen aus ganz Deutschland bis über die Landesgrenzen hinaus. Im Ruhrgebiet finden sich eher die Auftraggeber mit kleinem Social-Media-Etat.

Lebendige Agenturlandschaft im Ruhrgebiet

Sich mit ihrer Agentur in einer der Medienhochburgen anzusiedeln, kommt für Anja und René aber nicht infrage. Im Gegenteil: Als Mitglieder des Berufsverbands “Kreative Klasse” setzen sie sich für eine starke Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet ein. “Im Ruhrgebiet gibt es inzwischen eine so lebendige Agenturlandschaft, die muss sich nicht verstecken”, sagt die gebürtige Aachenerin. “Und außerdem”, meint René grinsend: “Köln und Berlin kann doch jeder.”

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