Premium Cola-Gründer Uwe Lübbermann erzählt, wie er mit seinem Unternehmen die Wirtschaft hackt

Von Carmen Radeck

Essen. Nach dem ersten Jahr UP! Businessbrunch haben sich die beiden Organisatoren Clemens van der Giet und Horst Buschmann für dieses Jahr was neues überlegt. Ab sofort gibt’s den Samstagsbrunch im Unperfekthaus nur noch alle zwei Monate, dafür werden regelmäßig Top Speaker zu Gast sein und für reichlich Inspiration und Diskussion sorgen. Zum Auftakt am vergangenen Wochenende kam Premium Cola-Gründer Uwe Lübbermann aus Hamburg nach Essen und erzählte seine unglaubliche Geschichte, wie er aus Versehen eine Getränkemarke gründete und damit seit 13 Jahren die Wirtschaft hackt.

Aus Versehen eine Getränkemarke gegründet

Premium Cola-Gründer Uwe Lübbermann: Zu Gast beim UP Businessbrunch im Februar 2015. (Foto: Carmen Radeck)
Premium Cola-Gründer Uwe Lübbermann: Zu Gast beim UP Businessbrunch im Februar 2015. (Foto: Carmen Radeck)

Ein Unternehmen zu gründen hatte Uwe Lübbermann eigentlich gar nicht vor, als ihm Ende 1990er Jahre zum ersten Mal auffiel, dass seine Lieblings-Cola (Afri Cola) irgendwie komisch schmeckte. Als Grund dieser merkwürdigen Geschmacksveränderung stellte sich heraus, dass Afri Cola von einer anderen Getränkefirma gekauft wurde, die den Geschmack der Cola kurzerhand massentauglicher gestaltete. Klammheimlich und ohne den Kunden etwas davon zu sagen.

Das schmeckte dem Uwe Lübbermann überhaupt nicht. Zusammen mit anderen Afri-Fans gründete er eine Interessengemeinschaft, um den ursprünglichen Geschmack wieder zurückzuerkämpfen. Das klappte so zwar nicht – Afri Cola blieb beim neuen Geschmack.

Aber es tat sich unverhofft ein Plan B auf. Uwe kam an das ursprüngliche Rezept heran und bekam die Möglichkeit, seine Lieblingscola selbst herstellen zu lassen. Das machte er dann auch – 1000 Flaschen für sich seine Mitstreiter in der Interessengemeinschaft. Dann kamen – wegen erhöhter Nachfrage – noch mal 1000 dazu, und plötzlich hatte er aus Versehen eine Getränkemarke gegründet – Premium Cola.

Langsam Wachsen als Prinzip der ersten Stunde

Der erste UP Businessbrunch 2015 ist eröffnet. (Foto: Carmen Radeck)
Der erste UP Businessbrunch 2015 ist eröffnet. (Foto: Carmen Radeck)

Aus den ersten 2000 Flaschen für Mitstreiter sind inzwischen über 1 Millionen verkaufter Flaschen pro Jahr geworden. Nicht nur die Verkaufszahlen wachsen stetig, auch das Unternehmen selbst. Jahr für Jahr kommen weitere Händler, große und kleine, Gastronomen, Hersteller und weitere Partner mit hinzu. Doch bis es soweit war, bis Uwe selbst überhaupt von seiner Arbeit für Premium Cola leben konnte, sind einige Jahre ins Land gezogen. Langsames Wachstum ist Prinzip im Unternehmen und einer der Gründe für den nachhaltigen Erfolg der Marke. Als es 2013 dann doch mal schneller ging mit dem Wachstum, hätte es das Unternehmen fast in den Ruin getrieben.

Das Prinzip des langsamen Wachstums verfolgt Uwe von Beginn an. So startete er das Unternehmen in Teilzeit neben seinem festen Job. Er verzichtete auf Kredite oder Schulden jeglicher Art. Kamen Händler-Anfragen weit außerhalb des Hamburger Raums, mussten die schon mal ein paar Monate warten, bis Uwe das Geld für die Fahrt dorthin hatte. „Gründen für Feiglinge“ nennt Uwe das etwas kokett in seinem Vortrag. Denn Händlern zu sagen, sie möchten doch bitte drei Monate warten, den Mut muss man als frischer Gründer ja auch erstmal haben. Aber es funktioniert. Das Geschäft kommt auch nach drei Monaten zustande.

Bloß nicht Chef sein – Entscheidungsgewalt für alle! Das Prinzip der Konsensdemokratie

Im Anschluss an den Vortrag wurde über das Betriebssystem Premium Cola diskutiert. (Foto: Carmen Radeck)
Im Anschluss an den Vortrag wurde über das Betriebssystem Premium Cola diskutiert. (Foto: Carmen Radeck)

„Schritt für Schritt und Stadt für Stadt“ wächst Premium Cola zu einem immer größeren Netzwerk aus Händlern, Herstellern, Abfüllern, Lieferanten und Gastronomen. Uwe Lübbermann merkt, dass er nicht derjenige sein will, der allein bestimmt, wo’s langgeht. „Ich wollte nicht der Chef sein, der oben steht, ich wollte alle Entscheidungen mit allen diskutieren, bis alle damit einverstanden sind.“ Er sieht sich eher als zentraler Moderator. Konsensdemokratie als Geschäftsmodell also. Geht das? Es geht. Das wundert selbst Uwe Lübbermann manchmal, sagt er.

Denn jedes einzelne Premium Cola-Mitglied hat Veto-Recht bei allen Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Kommen da überhaupt Entscheidungen zustande? Uwes Erfahrung: „Wenn jeder diese Macht hat, wird sie nicht so oft genutzt.“ Das Geschäft muss laufen, das wollen alle Beteiligten. Besteht Gefahr, dass es nicht läuft, greifen Ausnahmeregelungen. Diskutiert und entschieden wird übrigens in der Regel online per E-Mail und Board. Schriftliche Verträge gibt es übrigens auch nicht zwischen den einzelnen Partnern. Das Geschäft bei Premium Cola basiert auf Vertrauen.

Der Hamburger Unternehmer stellte sich den Fragen des Plenums. (Foto: Carmen Radeck)
Der Hamburger Unternehmer stellte sich den Fragen des Plenums. (Foto: Carmen Radeck)

Genauso ungewöhnlich, wie im Unternehmen Beschlüsse gefasst werden, sind die Entscheidungen, die von allen einstimmig beschlossen werden, wie zum Beispiel der Anti-Mengenrabatt, Einheitslohn, keine Produktwerbung oder völlige Transparenz darüber, aus welchen Anteilen sich der Einzelpreis der Flasche zusammensetzt.

Das Premium Cola Betriebssystem als Open Source Geschäftsmodell

Das Produkt an sich, die Cola und das inzwischen auf verschiedene Getränke erweiterte Sortiment, steht längst nicht mehr im Mittelpunkt des Unternehmens. Höchstens in dem Sinne, dass es Teil des Premium Cola Betriebssystems ist, wie Uwe das Geschäftsmodell nennt.

Wie die Cola auch, wird auch das Betriebssystem in die Welt hinaus getragen. Nicht nur von Uwe Lübbermann selbst, der mit Vorträgen wie beim UP Businessbrunch seine Geschichte erzählt. Auch von überzeugten Freiwilligen, die als Speaker die Idee mit Vorträgen verbreiten. Wenn man so will, ist das die Marketingstrategie von Premium Cola. Werbung im herkömmlichen Sinne machen sie nämlich nicht – das findet Uwe Lübbermann aufdringlich und es würde sich zudem nachteilig auf den Preis der Flasche auswirken.

Pull- statt Push-Marketing

"Ich steh' ja gar nicht so gern im Mittelpunkt", meint Uwe Lübbermann (Mitte) beim Aufstellen fürs Foto mit den beiden Brunch-Organisatoren Clemens (l.) und Horst. Da muss er jetzt durch. (Foto: Carmen Radeck)
„Ich steh‘ ja gar nicht so gern im Mittelpunkt“, meint Uwe Lübbermann (Mitte) beim Aufstellen fürs Foto mit den beiden Brunch-Organisatoren Clemens (l.) und Horst. Da muss er jetzt durch. (Foto: Carmen Radeck)

Pull- statt Push-Marketing ist die Devise. Von der Idee und dem Geschäftsmodell erzählen, wenn es gewünscht ist. Und anstatt Produktwerbung lieber das Geschäftskonzept verbreiten, auf dass es andere Unternehmen oder Startups kopieren können. Eine ganze Reihe hat das auch schon getan und gehört nun mit zum dem Netzwerk rund um Premium Cola. Das Betriebssystem gibt’s übrigens zum Nachlesen auf der Website.

Die Wirtschaft hacken

Die Wirtschaft hacken, nennt Uwe Lübbermann die Art und Weise, wie Premium Cola Geschäfte macht. Und das ist auch das Faszinierendste an dem Unternehmen: Dass es in unserem Wirtschaftssystem funktioniert – also seine Produkte erfolgreich verkauft – jedoch nicht mit dem Ziel der Gewinnmaximierung, sondern um ein Geschäftsmodell zu etablieren und zu verbreiten, das auf Vertrauen, Transparenz und Gleichwertigkeit aller am Geschäft Beteiligten beruht. Wirtschaft geht eben auch anders als im BWL-Buch steht.


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carmen
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